1896 geboren, begeisterte sich der Luftfahrtpionier Gerhard Fieseler bereits als Junge für die Fliegerei. Aufgrund seiner Fertigkeiten verdiente er sich den Spitznamen “Tiger”. Dieses fliegerische Können ebnete Fieseler den Weg für seine späteren Erfolge als Kunstflugpilot. Bei seinen Vorführungen stellte das Fliegerass höchste Ansprüche an sich und sein Flugzeug, um besonders spektakuläre Kunstflugfiguren wie den Rollenkreis zu erschaffen. Der Kunstflugpilot verdiente zahlreiche Preisgelder; so stellte er beispielsweise im August 1927 einen neuen Weltrekord im Rückenflug auf und gewann im Juni 1934 in Vincennes bei Paris den ersten Weltmeistertitel im Kunstflug. Nach mehr als acht Jahren verließ „der Tiger“ die Bühne der Kunstfliegerei als fünffacher deutscher Meister, zweifacher Europameister und erster Weltmeister der Geschichte.
Nach ersten Flugzeug-Konstruktionen bei Raab-Katzenstein in den 1920er Jahren nutzte er seine Preisgelder, um 1930 die Segelflugzeugbau Kassel Fabrik zu kaufen und den Fieseler Flugzeugbau (später Gerhard-Fieseler-Werke) in Kassel zu gründen. Das Sport- und Reiseflugzeug Fieseler F 4 wurde im Oktober 1932 in Berlin vorgestellt. Mit der wenige Monate später entwickelten Fieseler F 5 stellte sich auch der kommerzielle Erfolg ein. Nach der Teilnahme am Deutschlandflug hatte Fieseler zahlreiche Bestellungen für den wendigen Tiefdecker vorliegen.
Zur Teilnahme am mehr als 9500 km langen Europarundflug 1934 wurden die Sportflugzeuge Fieseler Fi 97 gebaut und erlangten aufgrund ihrer Zuverlässigkeit sowie des Gewinns der Bronzemedaille europaweite Anerkennung. Der Fieseler Flugzeugbau brachte als einziger deutscher Hersteller alle gestarteten Flugzeuge ins Ziel.
1936 hob erstmals das wohl bekannteste Flugzeug aus dem Hause Fieseler ab: Die legendäre Fieseler Fi 156, besser bekannt als Fieseler Storch. Diesen Namen erhielt die Maschine aufgrund ihres
langbeinigen Fahrgestells.
Der für seine Robustheit bekannte Fieseler Storch wurde als Kurier-, Beobachtungs- und Sanitätsflugzeug eingesetzt, da er über einmalige Eigenschaften im Langsamflug und bei Start und Landung
verfügte. Die Mindestgeschwindigkeit lag bei lediglich 50 km/h und es wurden nur 50 Meter für den Start und 20 Meter zur Landung benötigt.
Zu den Fluggästen des Fieseler Storch zählten im Laufe der Geschichte unter anderem der französische General und spätere Präsident Charles de Gaulle, der britische Premier Winston Churchill als auch der General und spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower.
Zu Weltruhm gelangte der Fieseler Storch 1946, als mit Hilfe dieses Flugzeugs die Besatzung einer auf dem Schweizer Gauligletscher abgestürzten Maschine des Typs Dakota aus über 3.000 Meter Höhe gerettet wurde. Die Rettung vom Gauligletscher ging in die Geschichte ein. Bereits vier Jahre zuvor hatte erstmals eine ähnliche Rettungsaktion in den Ötztaler Alpen stattgefunden.
Das alliierte Demontageprogramm besiegelte 1947 das Ende der Fieseler-Werke. Die Schweizer Luftwaffe sowie die finnischen Luftstreitkräfte und die schwedische Armee nutzten den Fieseler Storch bis in die 1960er Jahre, beispielsweise in der Bergrettung und als Verbindungsflugzeug. Einige Exemplare dieses außergewöhnlichen Flugzeugs sind bis heute als fliegende Legenden in der Luft.